Im soeben erschienen Geschäftsbericht der Hannoverschen Kassen für das Geschäftsjahr 2013/2014 findet sich ein ausführlicher Artikel von Timothy Apps zum Thema „Sozialwirtschaft neu denken – wesentliche Trends, Fragen und Aufgaben“.
Siehe Geschäftsbericht und hier für den Bericht. Der Beitrag von Timothy Apps ist ab Seite 9 zu finden.
28.01.2015
24.11.2014
Tendenzbetriebe
1. Definition „Tendenzbetrieb“
Tendenzbetriebe sind nach dem Betriebsverfassungsgesetzt (§ 118, Absatz 1) Unternehmen,
deren „geistige-ideelle Zielrichtung unmittelbar und überwiegend politischen,
koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen,
wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen dienen“. Oder es sind „Betriebe,
die im Rahmen der Pressefreiheit Zwecken der Berichterstattung oder
Meinungsäußerung dienen“ (§ 118 Abs.2). Sprich ein Tendenzbetrieb verfolgt ausschließlich
oder zusätzlich andere Ziele als finanzielle.
Tendenzbetriebe haben sich in den 1920er Jahre
entwickelt.. Damals waren Zeitungen fast
ausschließlich in Parteibesitzt. Deshalb wurde der Tendenzschutz eingeführt.
Damit sollte verhindert werden, dass politisch anders denkende Drucker und
Setzer Einfluss auf die Ziele der Presseerzeugnisse nehmen konnten.
- Das Unternehmen muss den Tendenzzwecken dienen.
- Das Unternehmen muss selbst die tendenzgeschützten Zwecke verwirklichen.
- Es müssen überwiegend tendenzgeschützte Zwecke bestehen (mehr als 50% tendenzverwirklichende Tätigkeiten).
- Der Tendenzzweck muss sich aus der Satzung/ dem Gesellschaftsvertrag der Einrichtung ergeben
Ferner folgt daraus, dass ein Tendenzbetrieb freiwillig, sprich ohne
Gesetzespflicht, und uneigennützig handelt.
Beispiel für einen tendenzgeschützten
Zweck (Erzieherischer Zweck)
Die
Einrichtung muss auf die Erziehung von Menschen ausgerichtet sein, wie z.B.
eine Schule. Hierbei muss die Vermittlung von allgemeinbildenden oder
berufsbildenden Fächern, mit der die Persönlichkeit und Entwicklung eines
Menschen geformt und gefördert wird, im Vordergrund stehen. Ferner können auch
Einrichtungen, die keine Schulen im herkömmlichen Sinn sind, erzieherischen Bestimmungen dienen z.B. ein Berufsförderungswerk für Behinderte. Eine nicht
erzieherisch tätige Einrichtung ist z.B. eine Sprachschule.
2. Definition „Tendenzträger“
Tendenzträger sind Arbeitnehmer, welche auf die Tendenzverwirklichung
maßgeblichen und verantwortlichen Einfluss nehmen können. Des Weiteren müssen
überwiegend frei gestaltbare pädagogische/therapeutische Tätigkeiten vorhanden
sein.
Beispiele einzelner Berufsbereiche für die
Tendenzträgerschaft:
Sozialer Dienst/Begleitender Dienst:
Bei überwiegend verwaltenden, hauswirtschaftlichen, gesundheitsvorsorgenden
Tätigkeiten sind, ist der Arbeitnehmer kein Tendenzträger.
Verwaltung:
Üblicherweise sind Verwaltungsmitarbeiter keine Tendenzträger, da administrativen
Tätigkeiten im Vordergrund stehen.
Leitung:
Leitungskräfte sind je nach Einzelfall zu bewerten. Sind sie an der organisatorischen und inhaltlichen Überwachung und
Durchführung der Maßnahme mitwirkend und leisten Konzeptarbeit, können sie als Tendenzträger
gelten. Wenn sie rein betriebswirtschaftliche Aufgaben erfüllt, ist sie kein
Tendenzträger.
3. Einschränkungen für den Betriebsrat bei Tendenzbetrieben
Der Betriebsrat muss in einem Tendenzbetrieb lediglich angehört werden, hat
aber meistens kein inhaltliches Mitbestimmungsrecht. Die Einschränkung der
Beteiligungsrechte gilt meist dann, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers sowohl
einen Tendenzträger betrifft, als auch tendenzbezogen ist.
Um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt es sich, wenn die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens und deren Verwirklichung durch die Beteiligung des Betriebsrats zu mindestens ernstlich beeinträchtigt werden kann. Das ist der Fall, wenn durch das Beteiligungsrechte des Betriebsrates die Tendenzverwirklichung (.z.B. das Grundrecht der Pressefreiheit) gefährdet werden kann. Der Betriebsrat hat in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit die Voraussetzung zur Einschränkung seiner Beteiligungsrechte vorliegen.
Um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt es sich, wenn die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens und deren Verwirklichung durch die Beteiligung des Betriebsrats zu mindestens ernstlich beeinträchtigt werden kann. Das ist der Fall, wenn durch das Beteiligungsrechte des Betriebsrates die Tendenzverwirklichung (.z.B. das Grundrecht der Pressefreiheit) gefährdet werden kann. Der Betriebsrat hat in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit die Voraussetzung zur Einschränkung seiner Beteiligungsrechte vorliegen.
Für Einrichtungen in der Sozialwirtschaft ist es daher wissenswert, ob ihr
Unternehmen bzw. Betrieb als Tendenzunternehmen anzuerkennen ist und welche
Arbeitnehmer Tendenzträger sind.
Beispiel eine Werkstatt für behinderte Menschen:
Die Betreuer wären in diesem Fall Tendenzträger, da sie einen maßgeblichen
Einfluss auf die Tendenzverwirklichung (Betreuung von behinderten Menschen)
nehmen können. Der Hausmeister dagegen ist kein Tendenzträger, da er mit seiner
Arbeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Tendenzverwirklichung nehmen kann.
Organisatorische Vorschriften (§§ 1-73
BetrVG):
Hierbei ist
das Beteiligungsrecht generell ohne Einschränkungen anwendbar, da sie die
Abläufe des Betriebsrates betreffen. Diese sind tendenzneutral und in jeder Einrichtung gleich.
Zum Beispiel die Durchführung der Wahl oder die Zusammensetzung des
Betriebsrates.
Soziale Angelegenheiten (§§ 87-91 BetrVG):
In der Regel
besteht keine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates, da es
sich meist um den wertneutralen Arbeitsablauf der Einrichtung handelt.
Zum Beispiel die Gestaltung vom Arbeitsplatz oder Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Ausnahmen
sind aber durchaus möglich, beispielsweise bezüglich der Arbeitszeitgestaltung.
Personellen Angelegenheiten (§§ 92-105 BetrVG):
Generell ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in diesem Punkt häufig
eingeschränkt.
Beispielsweise bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen. Soweit Tendenzträger
betroffen sind, ist das Mitbestimmungsrecht
eingeschränkt. Der Betriebsrat muss zwar angehört werden, kann aber nicht
mitentscheiden. Wenn es um die betriebliche Berufsbildung oder
innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen geht, besteht das
Mitbestimmungsrecht ohne Einschränkungen.
Personellen Einzelmaßnahmen (§99 BetrVG):
Wenn Tendenzträger betroffen sind, kommt eine Einschränkung der
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates liegt vor. Hierbei geht es um die Freiheit des
Arbeitgebers, Personen seines Vertrauens einzustellen, welche die
Verwirklichung des geistig-ideellen Ziel im Vordergrund haben.
Bei Einstellungen und Versetzungen
von Tendenzträgern ist das Mitbestimmungsrecht grundsätzlich eingeschränkt. Der
Arbeitgeber muss zwar den Betriebsrat informieren, aber der Betriebsrat hat
kein Mitentscheidungs-, sondern nur Informations-und Anhörungsrecht. Äußert der
Betriebsrat Bedenken, muss sich der Arbeitgeber hiermit jedoch
auseinandersetzen. Die Entscheidung über die Maßnahme darf daher erst nach
Ablauf der Frist für die Stellungnahme des Betriebsrats (eine Woche) erfolgen. Ein- und Umgruppierungen betreffen in
der Regel die Frage der richtigen Rechtsanwendung und sind daher tendenzfrei.
Das Beteiligungsrecht des Betriebsrates ist dadurch
nicht eingeschränkt.
Kündigung (§ 102 BetrVG):
Das Mitbestimmungsrecht ist eingeschränkt, wenn die Kündigung gegenüber einem
Tendenzträger erfolgt und Tendenzbezug hat. Der Betriebsrat muss jedoch bei
Kündigungen vollumfassend und regelmäßig angehört werden. Wenn der
Betriebsrat Bedenken äußert, muss sich der Arbeitsgeber damit
auseinandersetzten. Jedoch muss er diese nicht
berücksichtigen. Generell steht dem Betriebsrat kein Widerspruchsrecht zu.
Außer das Arbeitsverhältnis wird nicht aus tendenzbedingten, sondern aus
anderen Gründen gekündigt.
Beispiel für Kündigung mit Tendenzbezug:
Die Kündigung besteht, weil der Arbeitnehmer die beschäftigten Menschen mit
Behinderung mit beleidigendem Inhalt anschreit. Der Tendenzbezug besteht, weil
pädagogisch angemessenes Verhalten missachtet wird. (BR hat kein
Widerspruchsrecht)
Beispiel für eine Kündigung ohne Tendenzbezug:
Die Kündigung besteht, weil der Arbeitnehmer Kollegen mit beleidigendem
Inhalt anschreit. Tendenzbezug besteht nicht, weil solches Verhalten von dem
karitativen Zweck der WfbM unabhängig ist. (BR hat Widerspruchsrecht)
Bei Kündigungen eines Betriebsratsmitglieds sind die Beteiligungsrechte
eingeschränkt (§103 BetrVG). Der BR muss angehört werden. Jedoch ist keine
Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung erforderlich, wenn ein Tendenzträger
aus tendenzbedingten Gründen gekündigt wird.
Wirtschaftliche Angelegenheiten(§§ ab 106
BetrVG):
Generell sind Tendenzbetriebe von den Vorschriften wirtschaftliche
Angelegenheiten ausgeschlossen. Sie bilden daher z.B. keinen
Wirtschaftsausschuss. Die wirtschaftlichen Angelegenheiten werden im
Betriebsverfassungsgesetzt aufgeführt.
Die vierteljährige Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche
Lage und Entwicklung des Unternehmens durch den Arbeitgeber (§ 110 BetrVG)
entfällt. Der Arbeitgeber muss jedoch einmal pro Jahr auf der Betriebsversammlung
einen Bericht abgeben über das Personal- und Sozialwesen,
die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebs sowie über den
betrieblichen Umweltschutz (§ 43 Abs. 2 BetrVG).
Bei Betriebsänderungen ist kein Anschluss eines Interessensausgleichs
erforderlich.
-
Einschränkungen und Stilllegung des ganzen
Betriebes oder Betriebsteile
-
Einführung grundlegend neuer
Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren
Die Herbeiführung eines Sozialplans, die die Einigung über Ausgleich
oder Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer beinhaltet,
ist aber nötig.
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die geplanten
Betriebsänderungen, die wesentlichen Nachteile für die Belegschaft zur Folge
haben können, rechtzeitig unterrichten und vor allem die geplante Betriebsänderung
mit dem Betriebsrat beraten. Dies dient dazu, sachangemessene eigene
Vorstellungen über den Inhalt zu entwickeln und an den Arbeitgeber heranzutragen.
Bei fehlender Information des Arbeitgebers sind Nachteilausgleichsansprüche der
Arbeitnehmer möglich (§113 Abs.3 BetrVG).
4. Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Falle eines Tendenzbetriebs viele
Einschränkungen für den Betriebsrat gelten. Somit ist es empfehlenswert zu
wissen, ob Sie einen Tendenzbetrieb betreiben und welche Mitarbeiter
Tendenzträger sind. Die dafür erforderten Voraussetzungen und Definitionen
wurden oben genannt.
24.06.2014
Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderung
Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderung
Am 19. Juni 2014 erschien der, von Bund und Ländern gemeinsam in Auftrag gegebene, Bericht "Bildung in Deutschland 2014". Dieser legt eine empirische Bestandsaufnahme zum Bildungswesen in Deutschland vor und widmet sich dabei schwerpunktmäßig dem Thema "Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem". Dieser Abschnitt des Berichts wird hier kurz zusammengefasst ohne, dass die Aussagen von Seiten der GWK an dieser Stelle eine Wertung erfahren sollen.Der Abschnitt "Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem" des Berichts beginnt mit einem Auszug aus der UN-BRK (Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen). Darauf aubauend wird Inklusion definiert. Diese bedeutet, laut Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 20.10.2011, ein „umfassendes Konzept des menschlichen Zusammenlebens“. Inklusion geht somit über Integration hinaus, da nicht mehr die Frage des angemessenen und geeigneten Förderortes im Vordergrund steht, sonder auch die soziale Interaktion (soziale Teilhabe). Dabei lässt sich die „besondere systemische Perspektive der Inklusion als Charakteristikum hervorheben“.
- Beschreibung der Vielfalt der diagnostische Ansätze und Informationen zur Auftretenshäufigkeit.
- Datenbasierter Überblick über die Angebote der Bildungsbereiche.
- Darstellung in welchem Maße Bildungsangebote wahrgenommen werden. Untersuchung der Übergänge innerhalb des Bildungssystems.
- Informationen über Anzahl und Qualifikation des Personals.
- Der Frage nach dem Umfang der Ressourcen zur Förderung im Bildungssystem.
Abschließend werden wesentliche Herausforderungen abgeleitet, die
für eine gleichberechtigte Teilhabe notwendig angesehen und hier zusammenfassend aufgeführt werden.
- Die Forderung nach Inklusion trifft auf ein historisch gewachsenen Bildungssystem, das dem Grundsatz optimaler Förderung von Menschen mit Behinderungen durch institutionelle Differenzierung Rechnung zu tragen sucht. Aus dieser bisherigen Struktur ein Inklusives System zu entwickeln ist die Herausforderung. Im Schulbereich ist dabei zu klären, wo welche Schülerinnen und Schüler inkludiert werden und wo Sondereinrichtungen für temporären oder dauerhaften Besuch beibehalten werden sollen und wie diese Umsetzung erfolgen soll.
- Die einzelnen Bildungsinstitutionen haben ein je eigenes Verständnis von Lernen und Bildung und auch von Inklusion entwickelt und andere Unterstützungssysteme außerhalb des Bildungsbereichs treten mit ihren Ansätzen neben diejenigen des Bildungssystems. Die Herausforderung besteht darin, eine Lösung zu finden, wie sozialrechtliche Individualansprüche auch zur Optimierung von Bildungsprozessen gebündelt und systemisch von Bildungseinrichtungen genutzt werden können.
- In der Diagnostik entstehen Divergenzen in der Frage der Zielsetzung bei der Nutzung der Diagnostik. Soll sie auf die Feststellung des bestmöglichen Förderortes (Platzierungsdiagnostik) einer Person oder die bestmögliche individuelle Förderung (Lernvoraussetzungs- und Lernverlaufsdiagnostik) abzielen? Die bei inklusiven Ansätzen abnehmende Bedeutung von Platzierungsdiagnostik darf nicht die Nützlichkeit professioneller Diagnostik grundsätzlich in Frage stellen. Die diagnostischen Erfordernisse müssen unter Beibehaltung professioneller Stadards auch bei einem inklusiven Bildungssystem beibehalten werden. Dazu müssen auch neue diagnostische Werkzeuge entwickelt werden.
- Das unterschiedliche Verständnis von Behinderung der Bildungsbereiche spiegelt sich auch in dem Selbstverständnis des gewachsenen Fachpersonals wieder. Daraus ergibt sich, dass geklärt werden muss welcher Veränderungsbedarf entsteht, um den professionellen Anforderungsprofilen eines inklusiven Bildungssystems Rechnung tragen zu können. Neben der Klärung des Einsatzes unterschiedlicher pädagogischer Spezialisierungen und der Finanzierung des einbezogenen Personals für den Umgestaltungsprozess spielt insbesondere auch das Vorhandensein von Fachpersonal auf allen Ebenen eine entscheidende Rolle.
Das zusammenfassende Resümee des Berichts spricht sich für eine klare Abstimmung und Planung des Transformationsprozesses unter Beteiligung aller an Bildung beteiligten
Institutionen aus. Die Herausforderungen für die Politik besteht laut dem Bericht vor allem darin, die in im Umwandlungsprozess zu erwartenden institutionellen Interessendivergenzen auszubalancieren und die erforderliche Reallokation der Ressourcen im Sinne des Ziels von Inklusion vorzunehmen.
30.05.2014
Wohn-, Teilhabe-und Pflegegesetz für Baden-Württemberg
Mit dem verabschiedeten WTPG -Wohn-, Teilhabe-und
Pflegegesetz für Baden-Württemberg möchte die Landesregierung die Teilhabe und
Selbstorganisation von Menschen in Pflege- und Behinderteneinrichtungen zu
fördern. Zudem soll die Bildung neuer und innovativer Wohn-und Betreuungsformen
insbesondere im ambulanten Versorgungsbereich angestoßen werden.
Dieser sehr anspruchsvolle und in der Sache richtige Ansatz hin zu einer
größeren Angebotsvielfalt wird jedoch, aus Sicht der GWK, durch die strenge
Reglementierung innerhalb des neuen Gesetztes nicht flexibel genug
ausgestaltet. So ist zu befürchten, dass die Weiterentwicklung der
Versorgungsstrukturen, durch die hohen ordnungsrechtlichen Vorgaben an die
ambulanten Wohn-/Betreuungsformen, eher ausgebremst wird.
Um inklusive Strukturen zu schaffen, braucht es ein
Höchstmaß an Flexibilität, die das Gesetz jedoch nicht zulässt. Viele dieser Regelungen sind wünschenswert verhindern aber den Aufbau von ambulanten Wohngemeinschaften im baulichen
Bestand.
Die strikte Handhabung gilt insbesondere auch für die Regelung der Personalausstattung. Diese muss sich flexibel an
der jeweiligen Bewohnerstruktur und deren Unterstützungsbedarf ausrichten und
darf nicht, wie im WTPG, pauschal festgelegt werden.
Durch die Personalfestlegung entsteht weiter das Problem,
dass die Heimaufsichtsbehörden zukünftig in die Betriebsführung eingreifen kann. Auch wird die Heimaufsichten in keiner Weise verpflichtet, fachlich begründete
Abweichungen von Bau-und Personalvorgaben zuzulassen. Die Erprobungsregelungen laut
§31 reichen hier bei Weitem nicht aus und die Träger sind weiterhin auf die
„Großzügigkeit“ der jeweiligen Heimaufsicht angewiesen.
Auch für stationäre Einrichtungen werden durch dieses Gesetz
neue inhaltlich-fachliche Anforderungen festgelegt. Diese und weitere
ordnungsrechtliche Vorgaben, wie der 2009 erlassenen Landesheimbauverordnung,
erschweren zunehmend das Angebot für ortsnahe und bezahlbare Heimplätze. Somit
wird durch die Schaffung neuer Regeln in Kauf genommen, dass gewachsenen
Strukturen der wirtschaftliche Boden entzogen wird.
Ferner wird im WTPG die Betreuungsform der Altenpflege
und der Behindertenhilfe zusammengelegt. Dieses Vorgehen unterstellt somit,
dass deren Bewohner einen zumindest vergleichbaren Hilfe-/Betreuungsbedarf
haben. Auch die Zusammenlegung von vollstationären und ambulanten Einrichtungen
in einem Gesetzestext zeigt, auf einer anderer Ebene, eine solche Vorstellung..
Desweiteren entsteht eine fundamentale Lücke bei der Wahrung des Schutzzweckes für das betreute und das selbstverantwortete gemeinschaftliche Wohnen. (Siehe Schaubild)
Desweiteren entsteht eine fundamentale Lücke bei der Wahrung des Schutzzweckes für das betreute und das selbstverantwortete gemeinschaftliche Wohnen. (Siehe Schaubild)
(Aus dem Vortrag vom 10. April 2014 von Ulrich Schmolz) |
Zusammenfassend ist eine verstärkte Fokussierung auf die
Lebensqualität von Menschen mit Unterstützungsbedarf durch dieses Gesetz
erfolgt. Die strikten Regelungen verhindern jedoch die Entwicklung einer
vielfältigen Angebotslandschaft und vollstationäre Einrichtungen werden mit
weiteren Regelungen, ohne finanziellen Ausgleich, belastet. Somit wird nur sehr
beschränkt das Wunsch-und Wahlrecht von Menschen mit Unterstützungsbedarf nach UN-Behindertenrechtskonvention
gestärkt.
Wir empfehlen all unseren Kunden daher sich vor genauestens
mit Thematik des WTPG und seinen Konsequenzen auseinanderzusetzen. Denn das
Thema betrifft nahezu alle Träger der Sozialwirtschaft in Baden-Württemberg. Gerne
stehen wir Ihnen hierbei auch beratend zur Seite.
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