24.06.2014

Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderung



Bildung in Deutschland 2014. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderung

Am 19. Juni 2014 erschien der, von Bund und Ländern gemeinsam in Auftrag gegebene, Bericht "Bildung in Deutschland 2014". Dieser legt eine empirische Bestandsaufnahme zum Bildungswesen in Deutschland vor und widmet sich dabei schwerpunktmäßig dem Thema "Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem". Dieser Abschnitt des Berichts wird hier kurz zusammengefasst ohne, dass die Aussagen von Seiten der GWK an dieser Stelle eine Wertung erfahren sollen. 

Der Abschnitt "Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem" des Berichts beginnt mit einem Auszug aus der UN-BRK (Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen). Darauf aubauend wird Inklusion definiert. Diese bedeutet, laut Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 20.10.2011, ein „umfassendes Konzept des menschlichen Zusammenlebens“. Inklusion geht somit über Integration hinaus, da nicht mehr die Frage des angemessenen und geeigneten Förderortes im Vordergrund steht, sonder auch die soziale Interaktion (soziale Teilhabe). Dabei lässt sich die „besondere systemische Perspektive der Inklusion als Charakteristikum hervorheben“.

In einzelne Bildungsbereichen und Lebensphasen findet ein unterschiedliches Verständnis von Behinderung.  Aufgrund der Vielfätligkeit der geltenden Definitionen von Behinderung orientiert sich der Bericht an folgenden fünf zentralen Perspektiven die die gegenwärtige Situation für Menschen mit Behinderungen skizzieren sollen.
  • Beschreibung der Vielfalt der diagnostische Ansätze und Informationen zur Auftretenshäufigkeit.
  • Datenbasierter Überblick über die Angebote der Bildungsbereiche.
  • Darstellung in welchem Maße Bildungsangebote wahrgenommen werden. Untersuchung der Übergänge innerhalb des Bildungssystems.
  • Informationen über Anzahl und Qualifikation des Personals.
  • Der Frage nach dem Umfang der Ressourcen zur Förderung im Bildungssystem. 
Diese fünf Bereiche werden im Weiteren Bericht anhand statistischer Erhebungen ausgewertet und detailgenau ausgeführt. (S. 161-197) 
Abschließend werden wesentliche Herausforderungen abgeleitet, die für eine gleichberechtigte Teilhabe notwendig angesehen und hier zusammenfassend aufgeführt werden. 
  1. Die Forderung nach Inklusion trifft auf ein historisch gewachsenen Bildungssystem, das dem Grundsatz optimaler Förderung von Menschen mit Behinderungen durch institutionelle Differenzierung Rechnung zu tragen sucht. Aus dieser bisherigen Struktur ein Inklusives System zu entwickeln ist die Herausforderung. Im Schulbereich ist dabei zu klären, wo welche Schülerinnen und Schüler inkludiert werden und wo Sondereinrichtungen für temporären oder dauerhaften Besuch beibehalten werden sollen und wie diese Umsetzung erfolgen soll.
  2. Die einzelnen Bildungsinstitutionen haben ein je eigenes Verständnis von Lernen und Bildung und auch von Inklusion entwickelt und andere Unterstützungssysteme außerhalb des Bildungsbereichs treten mit ihren Ansätzen neben diejenigen des Bildungssystems. Die Herausforderung besteht darin, eine Lösung zu finden, wie sozialrechtliche Individualansprüche auch zur Optimierung von Bildungsprozessen gebündelt und systemisch von Bildungseinrichtungen genutzt werden können.
  3. In der Diagnostik entstehen Divergenzen in der Frage der Zielsetzung bei der Nutzung der Diagnostik. Soll sie auf die Feststellung des bestmöglichen Förderortes (Platzierungsdiagnostik) einer Person oder die bestmögliche individuelle Förderung (Lernvoraussetzungs- und Lernverlaufsdiagnostik) abzielen? Die bei inklusiven Ansätzen abnehmende Bedeutung von Platzierungsdiagnostik darf nicht die Nützlichkeit professioneller Diagnostik grundsätzlich in Frage stellen. Die diagnostischen Erfordernisse müssen unter Beibehaltung professioneller Stadards auch bei einem inklusiven Bildungssystem beibehalten werden. Dazu müssen auch neue diagnostische Werkzeuge entwickelt werden.
  4. Das unterschiedliche Verständnis von Behinderung der Bildungsbereiche spiegelt sich auch in dem Selbstverständnis des gewachsenen Fachpersonals wieder. Daraus ergibt sich, dass geklärt werden muss welcher Veränderungsbedarf entsteht, um den professionellen Anforderungsprofilen eines inklusiven Bildungssystems Rechnung tragen zu können. Neben der Klärung des Einsatzes unterschiedlicher pädagogischer Spezialisierungen und der Finanzierung des einbezogenen Personals für den Umgestaltungsprozess spielt insbesondere auch das Vorhandensein von Fachpersonal auf allen Ebenen eine entscheidende Rolle.
Das zusammenfassende Resümee des Berichts spricht sich für eine klare Abstimmung und Planung des  Transformationsprozesses unter Beteiligung aller an Bildung beteiligten Institutionen aus. Die Herausforderungen für die Politik besteht laut dem Bericht vor allem darin, die in im Umwandlungsprozess zu erwartenden institutionellen Interessendivergenzen auszubalancieren und die erforderliche Reallokation der Ressourcen im Sinne des Ziels von Inklusion vorzunehmen.